Beschäftigung: Inflation und Beschäftigung

Beschäftigung: Inflation und Beschäftigung
Beschäftigung: Inflation und Beschäftigung
 
Die Beziehung zwischen Inflation und Arbeitslosigkeit bzw. Beschäftigung gehört zu den Kernfragen der Makroökonomik. Um diese Beziehung zu untersuchen, gehen wir von einer konstanten Bevölkerungszahl aus und unterstellen zusätzlich, dass sich die Zahl der Erwerbspersonen (Erwerbspotenzial) nicht ändert. Dann stellt die Differenz zwischen der Zahl der Erwerbspersonen und der Zahl der Erwerbstätigen die Arbeitslosen dar. Hieraus folgt dann, dass jede Änderung in der Beschäftigung (Zahl der Erwerbstätigen) mit einer entsprechenden Veränderung in der Zahl der Arbeitslosen einhergeht. Der Zusammenhang zwischen beiden Größen kann nun alternativ von zwei Seiten angegangen werden: einmal über die Beschäftigung und zum anderen über die Arbeitslosenquote (Anteil der Arbeitslosen an den Erwerbspersonen). Im ersten Fall verläuft die Argumentation über die Nachfrage der Unternehmen nach Arbeit, im zweiten Fall liegt die berühmte Phillips-Kurve zugrunde, die nach dem britischen Volkswirtschaftler Alban William Phillips (1914-1975) benannt wurde.
 
 Die originäre Phillips-Kurve und ihre Entwicklung
 
In der ursprünglichen Version überprüfte Phillips den empirischen Zusammenhang zwischen der Veränderung der Nominallöhne und der Arbeitslosenquote und fand für Großbritannien, dass zwischen beiden Größen ein gegenläufiger Zusammenhang besteht. Erweitert wurde diese originäre Phillips-Kurve v. a. von P.A. Samuelson und R.M. Solow, die die Arbeitslosenquote in Abhängigkeit der Arbeitsmarktentwicklung und die Nominallohnänderung als eine der Ursachen für Preissteigerungen (Inflation) darstellten. So wurde die Ausgangsbeziehung dahingehend verändert, dass von einem stabilen gegenläufigen Zusammenhang zwischen der Inflationsrate und der Arbeitslosenquote ausgegangen wurde. Stabiler Zusammenhang heißt hier, dass der Wirtschaftspolitik eine Option zugestanden wurde (Trade-off), sich entweder für eine bestimmte Höhe der Inflationsrate zu entscheiden und die sich dabei ergebende Arbeitslosigkeit in Kauf zu nehmen oder umgekehrt. Eine niedrigere Inflationsrate geht mit einer höheren Arbeitslosenquote und somit einer geringeren Beschäftigung einher.
 
 Rationale Erwartungen, kurz- und langfristige Phillips-Kurve
 
In ihrer üblichen Form behauptet die Phillips-Kurve, dass die Veränderung einer nominalen Größe, der Inflationsrate, dauerhaft zu einer Veränderung einer realen Größe, der Arbeitslosenquote, führt. Dies widerspricht aber den üblichen Vorstellungen in der Volkswirtschaftslehre. Nur dauerhafte Veränderungen in realen Größen können auch zu dauerhaften Veränderungen in anderen realen Größen führen. Also muss kurzfristig eine Situation vorliegen, die auf einer Fehleinschätzung der tatsächlichen Entwicklung beruht. Geht man davon aus, dass sich die Wirtschaftssubjekte nicht über einen längeren Zeitraum systematisch irren und sie rationale Erwartungen über die zukünftige Entwicklung bilden, dann muss die Phillips-Kurve langfristig senkrecht verlaufen, d. h., es besteht kein Trade-off mehr zwischen der Inflationsrate und der Arbeitslosenquote, der wirtschaftspolitisch nutzbar ist. Trifft diese Aussage zu, dann kann über eine die Inflation stimulierende Politik auf lange Sicht die Beschäftigung nicht geändert werden. Die Arbeitslosenquote pendelt sich auf ihrem langfristigen Niveau ein, der natürlichen Arbeitslosenquote. Somit bleibt die Frage, ob die Phillips-Kurve noch einen kurzfristigen Handlungsspielraum zulässt oder ob auch dieser nicht existiert.
 
Zur Beantwortung unterstellen wir, dass die tatsächliche Arbeitslosenquote der natürlichen entspricht und nehmen an, dass hiermit eine Inflationsrate von 0 % kompatibel ist. Da dieser Zustand über eine längere Zeit andauert, erwarten die Wirtschaftssubjekte eine Inflationsrate von 0 % in der folgenden Periode. Unterstellt sei nun, die Zentralbank möchte die Arbeitslosenquote unter ihr natürliches Niveau senken und betreibt eine expansive Geldpolitik, die zu einem Anstieg der Inflationsrate führt. Die Unternehmen interpretieren den Anstieg im allgemeinen Preisniveau als eine Verbesserung ihrer relativen Preise und erhöhen dementsprechend ihr Güterangebot. Um dies durchzuführen, benötigen sie mehr Arbeit, die sie nur zu einem höheren Nominallohn erhalten können. Die Arbeitnehmer interpretieren die höheren Geldlöhne als einen Anstieg ihrer Reallöhne und bieten dementsprechend mehr Arbeit an. Nach Ablauf der Periode aber merken beide Seiten, dass sich ihre reale Position nicht verbessert hat, es handelte sich um einen Anstieg im allgemeinen Preisniveau, und revidieren ihre Entscheidungen. Die Arbeitslosenquote kehrt auf ihr Ausgangsniveau zurück, die Inflationsrate ist gestiegen und die Inflationserwartungen haben sich dem neuen Niveau angepasst. Will die Zentralbank in der nächsten Periode wieder die gleiche Politik betreiben, muss sie erneut mittels ihrer Geldpolitik die Inflationsrate erhöhen (Akzeleration der Inflation) und so weiter. Mithin besteht zwar ein kurzfristiger Trade-off zwischen Arbeitslosenquote und Inflationsrate, aber er ist wirtschaftspolitisch nicht nutzbar.

Universal-Lexikon. 2012.

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